„Das Evangelium der Bauern von Solentiname“ (erstmals erschienen 1975 in spanischer Sprache) dokumentiert die Gespräche einer urchristlichen Landkommune über die Evangelien. Diese Entwicklung einer bäuerlich-proletarischen Theologie auf den Solentiname-Inseln im Großen See von Nicaragua wurde von Ernesto Cardenal verschriftlicht und deren revolutionäres Potential somit verewigt. Es folgen ausgewählte Zitate.
Das Vorwort zum Johannesevangelium (Johannes 1, 1-18)
„Ich sage: – Das griechische Wort, das die Bibel für ‚Schöpfung‘ benutzt, ist Poem oder Gedicht. Denn Schöpfung und Poesie sind das gleiche. Die Welt ist das Gedicht Gottes. Gott sagte: ‚Es werde Licht‘, und es wurde Licht, und genauso alles andere, denn Gott schuf alles durch sein Wort. Sein Wort wurde Wirklichkeit. Die Poesie Gottes ist die Wirklichkeit.
Antidio fährt fort: – Und man schafft immer das, was man braucht, das heißt, man schafft das Gute. Und die Wirklichkeit, die Gott schuf, war gut. Er sah, daß alles gut war. Das Böse hingegen ist die Zerstörung des Geschaffenen.
Alejandro: – Der Arbeiter ist das Ebenbild Gottes, und alles, was er schafft, ist gut und bereichert den Menschen.
Ich sage: – Darin liegt die Größe des Arbeiters. Alle Dinge, die wir haben, wurden zuerst von Gott und dann von den Arbeitern gemacht. Die Schuhe, die wir tragen, wurden von einem Arbeiter gemacht. Die Kleidung von einem anderen Arbeiter. Die Städte und alles, was es darin gibt, die Landstraßen und die Brücken…
Ein Fremder […]: – Das alles kommt von der Macht des Vaters, und der Vater gab diese Macht seinem Sohn, und die Macht des Sohnes ist auch unsere Macht.
Felipe: – Das ist die Größe des Arbeiters. Die Arbeiter setzen die Macht Gottes auf der Erde fort und arbeiten an der Schöpfung. Darum müßten die Arbeiter die Herren der Erde sein und nicht die, die nicht arbeiten…, die Schuhe und Kleidung und Essen haben und überall herumreisen und nicht arbeiten und nicht säen und überhaupt nichts hervorbringen. Aber das sind die Herren der Arbeit der anderen und der Häuser und der Ländereien…“ (S. 15-16)
Ein Engel spricht zu Josef (Matthäus 1, 18-25)
„José Chavarría: – Jesus, das heißt Befreier oder Befreiung, wie wir gesehen haben. Obwohl die Juden eher einen politischen Befreier erwarteten…
Ich frage: – Und war Jesus ein politischer Befreier oder nicht?
José Chavarrí: – Nein, kein politischer. Der Engel sagte ganz klar zu Josef: ‚Er wird sein Volk von den Sünden befreien.‘
Marcelino: – Damit bin ich nicht einverstanden. Christus war ein politischer Befreier, weil er kam, um uns von der Unterdrückung zu befreien. Denn von den Sünden zu befreien, das bedeutet, die Leute von ihrem Egoismus zu befreien. Zu machen, daß alle sich lieben. Und wenn sich die Menschen lieben, dann gibt es keine Unterdrückung mehr. So kam Christus auch, um uns politische Freiheit zu bringen.
Und José Espinoza: – Wenn eine Befreiung nötig ist, dann gibt es also Ungerechtigkeit. Und wenn es Ungerechtigkeit gibt, dann gibt es auch Sünde. Sünde oder Ungerechtigkeit ist dasselbe.
Ich sage, mir scheine die Befreiung Christi auch politisch, aber anders als die Juden erhofften. Was sie erhofften, war keine wirkliche Befreiung: ein Messias, der die Mach übernähme und dann ein König wie irgendein anderer wäre. Die wirkliche politische Befreiung sei eine Befreiung von der Sünde – oder von der Ungerechtigkeit, was das gleiche ist.“ (S. 26)
„Das ist aber alles geschehen, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Siehe eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel heißen, das ist ‚Gott mit uns‘.
Julio: – Dieser Name, der hier dem Messias gegeben wird, soll heißen ‚Gott mit den Armen‘. Denn wenn die Welt in Arme und Reiche geteilt ist, kann der Messias nicht auf beiden Seiten stehen, und wenn er auf einer Seite steht, dann auf unserer, auf der Seite der Armen.
Olivia: – Das ist klar: Gott kann nicht gleichzeitig mit den Armen und mit den Reichen sein, denn ein Mensch kann auch nicht gleichzeitig Gott und dem Reichtum dienen.“ (S. 27; Verweis Mt 6, 24)
Der Lobgesang des Zacharias (Lukas 1, 67-80)
„Das versprach er durch den Mund seiner heiligen Propheten seit alter Zeit: daß er uns erretten würde von unseren Feinden und von der Hand aller, die uns hassen,
Adancito: – Die Feinde, von denen hier die Rede ist, sind die Feinde der Armen. Das sind die, die uns hassen.
Donaldo: – Die Menschen hofften, der Messias würde das Volk von all diesen Ausbeutern befreien, von dieser Mafia…
Felipe: – Ich glaube, heute denkt man darüber anders. Gott wird uns nicht befreien, sondern wir müssen uns selbst befreien, aus eigener Kraft. Strengen wir uns alle an! Und warten wir nicht darauf, daß Gott uns befreit, ohne daß wir selbst an dieser Befreiung teilnehmen.
Oscar: – Dann wird Gott uns als nicht befreien?
Felipe: – Doch, aber durch uns selbst, mit Hilfe der Lehre, die er uns gebracht hat.
Ich sage: – In Wirklichkeit befreit uns Gott nicht direkt, sondern durch den Messias. Und jetzt ist der Messias nicht mehr nur jener Jesus, sondern wir sind es alle. Darum wird er auch Immanuel genannt, das heißt ‚Gott mit uns‘. Gott bewirkte die Befreiung durch uns selbst, wie Felipe sagte.“ (S. 35)
„Donaldo: – Gott ohne Angst dienen, meine ich, heißt seinen Nächsten lieben und ihm dienen – ohne Angst vor den anderen, vor der Obrigkeit zum Beispiel…“ (S.36)
Jesus lehrt uns beten (Matthäus 6, 7-15)
„Wir bitten Gott, daß sein Name geheiligt werde, und es ist unsere Aufgabe, ihn zu heiligen. Wir bitten, daß sein Reich komme, und es ist unsere Aufgabe, es aufzubauen. Wir bitten, daß sein Wille auf Erden geschehe, und es ist unsere Aufgabe, ihn zu erfüllen. Wir bitten ihn um Brot, und es ist unsere Aufgabe, es zu schaffen und zu verteilen. Wir bitten ihn um Vergebung, die wir den anderen geben müssen. Wir bitten ihn, uns nicht in Versuchung zu führen, und es ist unsere Aufgabe, sie zu fliehen. Das ist das Interessante an diesem Gebet. Ich glaube, es gibt viele, die das Vaterunser nicht beten, wie es Che Guevara vielleicht nicht gebetet hat, die aber in ihrem Herzen dies alles wünschen. (S. 104)
Die Hochzeit von Kana (Johannes 2, 1-12)
„Olivia: – Wir alle, Männer, Frauen, Alte, Kinder, selbst Säuglinge, alle sind wir ein einziger Körper: die Menschheit, die geliebte Braut Gottes.
Laureano: – Besser gesagt, wir kämpfen darum, dieser Körper zu werden. Dieser Kampf ist die Revolution.“ (S. 110)
Die Seligpreisungen (Matthäus 5, 1-12)
„Rebeca: – Das ist Gemeinschaft. Kommunismus ist dasselbe wie Gemeinschaft.
Tomás: – D[ies]er Kommunismus [des Evangeliums] sagt uns: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ (S. 123)
Nicht Perlen vor die Säue werfen (Matthäus 7, 6-12)
„Ich sage: […] Wer seinen Nächsten liebt, der leibt auch Gott. Andersherum kann man dagegen nicht behaupten, daß der, der Gott liebt, auch seinen Nächsten liebt. Johannes sagt, wer Gott liebe, ohne auch seinen Nächsten zu lieben, der liebe Gott on Wirklichkeit gar nicht.
Laureano unterbricht mich: – Das ist der Fall bei den Ausbeutern, die jeden Sonntag zur Messe gehen und der Kirche großartige Stiftungen machen und immer schön beten und dieses ganze Theater mit Gott aufziehen. Aber der Nächste ist ihnen egal, den beuten sie nur aus.
Quique: – Diese Leute haben im Grunde überhaupt keine Beziehung zu Gott. Sie treiben Kult mit einem Gott, der gar nicht existiert.
Felipe: – Nur der liebt Gott, der das Volk liebt. Das Volk liebt man mit Taten und nicht mit schönen Worten.
Ich: – Wenn also die Liebe zu Gott ohne die Liebe zum Nächsten keine Liebe zu Gott ist, aber umgekehrt die Liebe zum Nächsten ohne die Liebe zu Gott doch Liebe, so ist das einzige, was zählt, die Liebe zum Nächsten.
Jorge: – Wenn dies der ganze Inhalt der Bibel ist, dann ist im Grunde nicht die Bibel wichtig, sondern die Liebe zum Nächsten. Und das ist es, um das wir Gott bitten und das wir suchen sollen.
Manuel: – Also, den Nächsten lieben und auch etwas für ihn tun, meine ich, denn verflixt! – wenn ich meinen Nächsten bloß liebe, dann hat er doch gar nichts davon.
Ich sage: – Es handelt sich darum, das für den Nächsten zu tun, was wir möchten, daß der Nächste auch für uns tun soll, und nicht um schöne Gefühle. Wir sollen uns in den Nächsten versetzen, als ob es sich um uns selbst handelte; wir sollen die Sache des ganzen unterdrückten Volkes so betrachten, als ob es unsere eigene Sache wäre. In Wirklichkeit bilden alle Menschen einen einzigen Organismus: Alle zusammen sind wir wie ein einziges Ich. Darum soll jeder von uns den anderen so lieben, als ob er ein Stück seines eigenen Ichs wäre. Wenn wir es nicht tun, dann gehören wir nicht zu diesem einen Organismus, diesem vollständigen Menschen, sondern sind abgesondert von der Menschheit.“ (S. 152-153)
Die Ähren und der Sabbat (Matthäus 12, 1-8)
„Quique: […] Das Christentum besteht darin, daß alle Menschen Jesus sind, daß alle Welt ein Teil des Volkes ist und daß man das eigene Leben wie das Leben aller anderen empfindet.
Chop: – Die Kommunion hat einen Sinn für alle die, die für eine Befreiung kämpfen. Für die anderen hat sie keinen Sinn.
Quique: – Ich sehe aber, daß sich ein Teil der Kirche immer weiter und weiter vom Evangelium entfernt. ‚Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz‘, sagt die Bibel. Man könnte auch sagen: So wie deine ökonomischen Interessen sind, so ist auch deine Mentalität. Als die Tupamaros diesen Banditen Mitrione hinrichteten, wurden sie vom Papst verurteilt. Andererseits äußerte sich der Papst nie über Vietnam, höchstens im Allgemeinen über Krieg und Frieden… Ich bin immer mehr davon überzeugt, daß wir eine große Verantwortung der ganzen Welt gegenüber haben. Ich glaube, wenn die Kirche das wirkliche Evangelium verkündet hätte, wären die kommunistischen Parteien in aller Welt überflüssig. Das alles hätte dann schon das Christentum erledigt. Eins der Dinge, die ich als Christ gelernt habe, ist, daß man aus seinem eigenen Ich herausgehen muß. Gott will ein Opfer von uns, aber es ist das Opfer unseres eigenen Ichs, ein Opfer der Liebe.“ (S. 178)
Jesus wandelt auf dem Wasser (Matthäus 14, 22-23)
„Ich: – Man könnte also sagen, daß diese Vereinigung aller Christus selbst ist, der uns auf dem Wasser schreitend erscheint. Die Vereinigung aller ist er, denn er selbst hat gesagt, daß er, immer wenn wir uns einig sind, mitten unter uns ist. Und deshalb ist er weder ein Phantasiegebilde noch ein Gespenst, sondern die Vereinigung aller inmitten des Orkans.
Eine Frau sagt: – Ich glaube, das stimmt, denn wenn sich die Menschen vereinigen (das Volk Nicaraguas zum Beispiel), dann fußt diese Vereinigung auf die Liebe, und die so vereinten Menschen besitzen eine große Macht. Wir haben es vor kurzem beim Krankenhausstreik gesehen. und davor sahen wir es beim Streik der Bauarbeiter. Das zeigt uns, was für eine große Macht das vereinte Volk besitzt. Und das einzige, was uns noch fehlt, ist noch mehr Einigkeit, die völlige Einigkeit aller Menschen, um mit der Ungerechtigkeit fertig zu werden. Ohne Einigkeit stehen wir da wie die Jünger im Sturm, bevor Jesus kam.
Manuel: – So ging es auch mit dem Kommunismus, der am Anfang den Leuten Angst einjagte wie ein Gespenst, wie ein Geist. Aber jetzt, da wir ihn aus der Nähe gesehen haben, merken wir, daß er die Eintracht ist, die Brüderlichkeit zwischen den Menschen, die wirkliche Gemeinschaft aller mit allen und auch mit Gott. Mir scheint, der Kommunismus ist wie ein Gespenst, aber wenn er näherkommt, sagen wir: ‚Es ist ja Christus!‘ So gibt es viele Völker, die schon mit diesem Christus, den sie vorher für ein Schreckensgespenst gehalten haben, im gleichen Boot fahren.
Ich sage, die Worte Manuels erinnerten mich an jenes berühmte Dokument von Marx und Engels, das sogenannte Kommunistische Manifest, das so beginnt: ‚Ein Gespenst geht durch Europa…‘ Ich weiß nicht, ob Manuel dies wusste und daran dachte, als er von diesem Gespenst sprach. (Manuel lächelt und stimmt mir mit einem Kopfnicken zu.)
Ich sage auch, daß der Kommunismus tatsächlich aufgehört hat, ein Gespenst zu sein, sondern daß er heute eine reale Tatsache ist. Wir brauchen und nicht mehr vor ihm zu fürchten, denn diese Realität ist die Liebe.“ (S. 216-217)
Die Heilung eines Gelähmten (Lukas 5, 17-26)
„Carlos, der Spanier: – Allein kann sich der Mensch nicht befreien. Mir scheint, daß jeder von uns für sich dieser Gelähmte ist, der trotz seines großen Glaubens nicht allein bis zu Jesus gelangen konnte. Es genügt nicht, meine ich, daß ein Mensch allein glaubt, sondern es ist nötig, daß eine ganze Gruppe glaubt. Nur so, in einer Gemeinschaft, können wir uns befreien.“ (S. 223)
Die andere Backe (Lukas 6, 27-31)
„Ich sage: – Im Klassenkampf kämpfen wir dafür, daß mit der Trennung der Klassen Schluß gemacht wird. Solange wir in Klassen mit entgegengesetzten Interessen gespalten sind, haben wir Klassenfeinde. Wenn wir aber kämpfen, um uns mit ihnen zu vereinen, damit alle zusammen eine vereinte Menschheit in einer klassenlosen Gesellschaft bilden, dann kämpfen wir aus Liebe und nicht aus Haß. Die Marxisten sprechen manchmal vom Haß. Und bei Che Guevara gibt es einen oder zwei Sätze, in denen er sagt. daß der Revolutionär hassen muß. Aber ich glaube, das ist mehr eine Redensart, so ähnlich wie wenn Christus sagt: ‚Wer seinen Vater und seine Mutter nicht haßt, ist meiner nicht wert.‘ Wir Christen haben immer gesagt, man müsse die Sünde hassen und den Sünder lieben, und ich habe den Eindruck, daß der Che nie aus Haß gegen andere Menschen kämpfte, sondern aus Haß gegen die Ungerechtigkeit. Mir gefiel der Satu, den ich einmal in Chile von einem marxistischen Priester, dem Pater Arroyo, hörte, in dessen Haus wir uns zu einer kleinen eucharistischen Feier versammelt hatten. Ein anderer verteidigte dort den revolutionären Haß, und Pater Arroyo sate zu ihm: ‚Nur die Liebe ist revolutionär, der Haß ist immer reaktionär.‘“ (S. 238-239)
Richtet nicht… (Lukas 6, 37-42)
„Julio […]: […] Christus und wir: alle gleich. Es wird keinen Meister mehr geben, weil wir alle gleich sein werden, auch mit Christus gleich – sage ich.“ (S. 251)
„William: – Und mir scheint, daß Jesus uns hier mit diesem Beispiel aus der Naturkunde sagen will, daß auch das Gute und das Schlechte im Menschen den Naturgesetzen gehorcht, nämlich den Naturgesetzen der Geschichte, die auch die Gesetze des historischen Materialismus genannt werden. So wie die Produktionsverhältnisse sind, die in einer bestimmten Gesellschaft herrschen, so werden auch die geistigen Früchte sein, die diese Gesellschaft hervorbringt. Daß in einem System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen die Liebe unter den Menschen entsteht, ist genauso unnatürlich wie wenn ein Dornbusch Feigen hervorbringt.“ (S. 263-264)
Die Vermehrung der Brote (Lukas 9, 10-18)
„Ich sage: […] Im Griechischen gibt es ein Wort (Koinonia), das gleichzeitig die eucharistische Gemeinschaft und auch die Gütergemeinschaft aller mit allen bezeichnet, weil für die ersten Christen beides dasselbe war. Der heilige Paulus sagt, die Güter gemein zu machen sei das Opfer, das Gott wirklich gefalle. Genausogut könnte man auch sagen: Der vollkommene Kommunismus ist die wahre Eucharistie. Mir scheint, daß es dies war, wofür Christus Dank sagte und Gott pries, als er diese Brote verteilte und als er später seine Liebe und seine Hingabe mit dem Brot, das er selbst war, weitergab. Wir haben heute viel über Kommunion und Kommune und Kommunismus gesprochen. All dies will sagen (und das war es vielleicht, was die Jünger nicht verstanden), daß wir dazu berufen sind, eine Menschheit zu bilden, in der alle verschieden und doch eins sind. Eine Gesellschaft nach dem Ebenbild der Dreifaltigkeit.“ (S. 315)
Jesus stillt den Sturm (Markus 4, 35-41)
„Alejandro: […] Wir werden einer Frau, deren Kind an Malaria erkrankt ist, nicht sagen, sie solle nur Gottvertrauen haben, und ihr Kind werde nicht sterben. Denn der Glaube an Gott ist der Glaube an die Menschen, und dieser Glaube kann das Kind heilen.
Die Mutter Alejandros: – Die größten Übel der Menschheit entstehen aus unserem Mangel an Liebe. Gott beseitigt sie nicht persönlich, sondern mit Hilfe der Liebe der Menschen. Wir haben uns früher mit einem Glauben an einen Jesus im Himmel begnügt. Aber das ist nicht der Jesus, der im Sturm dabei ist, der hier bei uns ist in der Person der anderen, in der Person des Herrn X und der Frau Y, der Jesus, der im Volk ist, auch wenn es so aussieht, als ob er schläft.“ (S. 341)
„Ich sage: – Wir sehen auch viele Wunder oder Zeichen (‚Wunder‘ bedeutet ‚Zeichen‘), die Jesus im Laufe der Geschichte tat, alle die Veränderungen, die sein Wort hervorbrachte, und doch zweifeln wir oft daran, daß die Welt verändert werden kann, daß die Winde und Wellen der Geschichte besänftigt werden können.
– Das ist wahr! – ruft Oscar aus.
Und gleichzeitig sagt Tomás: – Das können wir schaffen, wenn wir wollen, nicht wahr?
Laureano: – Die Jünger hätten dasselbe tun können, was Jesus tat. Deshalb tadelte er sie. Denn ich glaube, auch wir haben die Macht, Wunder zu vollbringen-
Ich sage: – Das bringt mir einen Satz ins Gedächtnis, den ich in Havanna in der Rede von Fidel Castro vom 26. Juli hörte: ‚Die Wunder vollbringt immer das Volk‘. Das hört sich vielleicht atheistisch an, ist es aber nicht.“ (S. 342)
„Glaube bedeutet nicht, daß wir Christus kennen oder nicht kennen, sondern daß wir an die Möglichkeit einer Veränderung der Welt glauben. Oder an die Liebe, was dasselbe ist. Glauben bedeutet nicht, daß wir Gott kennen, denn wer kennt schon Gott?
Ich: – Wer seinen Nächsten liebt, der kennt Gott. Und das muss nicht unbedingt ein Christ sein.
– Der Christ, der nicht an die Veränderung der Welt glaubt, ist ein Christ ohne Glauben.
Oscar: – Die Hauptsache ist, sich einig zu sein; einig vollbringen wir viele Wunder.“ (S. 342-343)
„Tomás: – Unser Boot füllt sich mit Wasser, und wir können das Wasser nicht ausschöpfen. Aber dann müssen wir uns an Jesus wenden, das bedeutet, uns vereinen. Wenn wir uns alle vereinen und sagen: ‚Laßt uns dies oder jenes tun‘, dann schaffen wir es, dann bringen wir alles fertig. Aber wenn ich etwas sage, und du sagts etwas anderes und ein anderer wieder etwas anderes, dann bringen wir nichts fertig. Wenn wir uns alle einig sind, irgendeine Arbeit zu tun, wird sie schnell fertig, ganz gleich, um was es sich handelt.“ (S. 344)
„Olivia: – Er ist immer dort, wo Menschen eine Gemeinschaft bilden. Das Boot ist die Gemeinschaft.“ (S. 345)
Jesus und die Samariterin (Johannes 4, 1-42)
„Felipe meint, beides müsse Hand in Hand gehen, der materielle und geistige Fortschritt. Aber wir können nicht von Liebe sprechen, solange es noch Frauen gibt, die sich mit Wassereimern abschleppen müssen oder die auf irgendeine andere Art versklavt sind. Frauen und auch Männer.“ (S. 357)
„Die ersten Christen hatten keine Tempel. Das griechische Wort für Kirche bedeutet eigentlich ‚Versammlung‘ in weltlichem Sinne. Ich habe gelesen, daß auch im Alten Testament praktisch keine religiösen Worte gebraucht werden, sondern rein weltliche, denen man später einen religiösen Sinn gab. So war das Wort ‚Kult‘ ursprünglich ein Ausdruck der Militärsprache und bedeutete etwas Ähnliches wie ‚Kampfbereitschaft‘. Und wenn im Neuen Testament religiöse Ausdrücke gebraucht werden, geschieht dies fast immer, um ihnen ursprünglich weltlichen Sinn zurückzugeben, zum Beispiel, wenn Paulus sagt, der Tempel seien die Menschen.
Mauel: – Darum finden wir es nicht schlimm, in der Kirche zu rauchen. Während wir hier unsere Meinungen sagen, rauchen wir eben, weil dieser Ort nicht heilig ist; heilig ist für uns die Versammlung, die wir hier abhalten.
Felipe: – Die Männer, die Frauen, die Kinder, die Alten… das alles sind heilige Tempel Gottes.“ (S. 360-361)
„Christus sagt, beide Religionen würden nicht mehr nötig sein, ohne jedoch von einer neuen Religion zu sprechen.“ (S. 361)
„Das ist klar: die Befreiung als Idee kommt aus der Religion der Juden. Aber Jesus sagt nur, daß sie darin ihren Ursprung hat… Sie kommt von den Juden, um sich überall auf der Welt auszubreiten. Die Befreiung kommt für alle, für alle Religionen und auch für die Menschen ohne Religion.
Ich sage: – Die ganze Bibel ist eine fortlaufende Anklage der Ungerechtigkeit und eine fortlaufende Verteidigung der Armen, der Witwen und Waisen; und unterbrochen hat die Bibel ein Ziel vor Augen, nämlich eine perfekte Gesellschaft. Das ist der Unterschied, der zwischen der Bibel und allen anderen Religionen besteht, die die Welt als fertig ansehen, als etwas, das man nicht mehr verändern kann. Und darum sind sie für den Status quo und halten es mit den Unterdrückern. (Die Religion der Samariter setzte sich aus verschiedenen heidnischen Religionen zusammen.) Das, was Marx von Gott sagt, nämlich daß er immer auf der Seite der gerade herrschenden Macht gestanden habe, stimmt genau für den Gott aller anderen Religionen, aber nicht für den Gott der Bibel, obwohl die Juden in der Praxis, als sie vom wahren Gott der Bibel abgefallen waren, auch eine entfremdete Religion hatten, die mit der herrschenden Macht im Bunde war. Gerade das war es, was Christus bekämpfte.“ (S. 362-363)
„‚Gott ist Geist‘ soll nicht heißen, er sei etwas außerhalb der Materie. Für die Juden bedeutete ‚Geist‘ der Lebenshauch. Das Gegenteil vom Geist war nicht die Materie, sondern der Tod.“ (S. 364)
„Sie [die Samariterin] hätte es sich sicher nie träumen lassen, daß dieser Messias sich ihr in Gestalt eines Fremden nähern würde, der sie um Wasser bittet.“ (S. 365)
„Das heißt also, daß es im perfekten Kommunismus keinen Sonntag mehr geben wird und daß wir alle Tage arbeiten müssen?
Ich antworte: – Es ist so, daß die Arbeit wie eine Erholung sein wird und die Erholung wie eine Arbeit. Es wird nicht mehr diesen Unterschied zwischen Arbeit und Ruhe geben, den wir heute kennen. Es ist so ähnlich, wie wenn du fischen gehst: Es macht dir Spaß, aber gleichzeitig ist es auch eine Arbeit.“ (S. 366-367)
Das Brot des Lebens (Johannes 6, 25-59)
„Dieses Brot, das nicht vorhält, ist wie ein Saatkorn, das Somoza im Norden des Landes verteilen läßt, um die Bauern für sich zu gewinnen, obwohl sie dadurch gewiß nicht von ihrem Elend befreit werden. Jesus dagegen sagt hier den Leuten, daß durch die wunderbare Speisung, die sie miterlebt hatten, keins ihrer Probleme wirklich gelöst wäre, sondern worauf es ankäme, sei, die Welt zu verändern, das System der Ungerechtigkeit durch ein System der Liebe zu ersetzen. Und das ist das wirkliche Brot, das er brachte, und darum sagt er, Gott habe ein Siegel auf dieses Brot gedrückt wie auf einen Brief.“ (S. 370)
„[…] es gibt viele, die die halbe Bibel auswendig kennen und doch nicht die Vereinigung mit ihren Mitmenschen suchen, Das eine ist eben, die Schrift gut zu kennen, und das andere, sie auch in die Praxis umzusetzen. Che Guevara und Fidel Castro haben sie in die Praxis umgesetzt.“ (S 373)
„Es ist klar, daß sie nicht an ihn glaubten, weil sie wer weiß für eine vom Himmel gefallene Befreiung erwarteten, irgend so ein Zauberkunststückchen.
Gloria Guevara: – Vor allem glaubten sie nicht an ihn, weil er der Sohn eines Arbeiters war. Immer hackten sie auf der Tatsache herum, daß er Sohn eines Zimmermanns war. Wenn er reich und mächtig gewesen wäre, hätten sie es vielleicht leichter gefunden, daran zu glauben, daß er vom Himmel gekommen war.
Bosco: – Sie reagierten so wegen der Vorstellung, die sie vom Himmel hatten. Sie dachten, Gott sein an irgendeinem unerreichbaren Ort, aber Jesus sagt ihnen hier, dieses Herabkommen vom Himmel bedeute, daß Gott aus der Arbeiterklasse hervorgegangen sei.
William: – Genauso erwarten auch heute viele religiöse Christen eine vom Himmel gefallene und nicht eine aus dem Volk hervorgegangene Befreiung.
Bosco spricht weiter: – Der Imperialismus unterstützt diese Art von Religion, damit sich das Volk trotz aller Ungerechtigkeiten weiter passiv verhält und seine Rettung von oben erwartet. Man braucht nur diese amerikanischen Sender mit ihren religiösen Programmen zu hören, die nur vom Himmel sprechen…“ (S. 374)
„Christus wählte das Beispiel einer gemeinsamen Mahlzeit, um die Einheit der Menschen zu beschreiben, die brüderlich alle Güter der Welt teilen. Das Neue Testament gebraucht das griechische Wort koinoia (was so viel wie Kommunismus bedeutet), um die Eucharistie zu beschreiben, die Gütergemeinschaft aller Menschen und die Einheit aller Menschen mit Gott. Wenn wir das Brot der Eucharistie teilen, nehmen wir teil am Leib Christie und vereinen und gleichzeitig mit dem ganzen Volk, mit dem er sich identifizierte, und auch mit Gott, der zusammen mit Christus ein Ganzes bildet. Aber die Eucharistie ist in Wirklichkeit nur ein Gleichnis, ein Beispiel, um die wirkliche Einheit der Menschen in der gesamten Gesellschaft zu beschreiben.“ (S. 376)
Der barmherzige Samariter (Lukas 10, 25-37)
„Ich glaube, wir können es so ausdrücken: Wer Gott liebt, ohne den Nächsten zu lieben, der erfüllt das Gesetz nicht, aber wer den Nächsten liebt, selbst ohne Gott zu lieben, der erfüllt es. Jesus empfiehlt dem Schriftgelehrten, genauso zu handeln wie der Samariter.“ (S. 393)
„Mit anderen Worten sagt er also, es gebe keinen Gott; Gott sei nur unser Nächster.
Ich: – Er sagt, Gott sei die Liebe.
Laureano: – Er sagt, die anderen lieben, das sei Gott.
Ich: – Er sagt, daß es wohl einen Gott gebe, aber Gott sei diese Liebe.
Laureano: – So sind wir also alle Gott.
Ich: – Die Liebe. Alle, aber nur wenn wir in Liebe vereint sind. Nicht alle einzeln, voller Haß und Ausbeutung. In Wirklichkeit sind es eben nicht alle, denn diese beiden [Schriftgelehrten], die da vorbeikamen, waren nicht die Nächsten des anderen. Wenn es hier in dieser Versammlung Ausbeuter und Mörder gäbe, würdest du nicht sagen: ‚Wir alle sind Gott.‘
Laureano: – Gott sind alle, die sich lieben. Und alle, die sich nicht lieben, sind der Teufel.
Ich: – Der heilige Augustinus sagt, Gott sei die Liebe, mit der wir uns lieben.
Alejandro: – Das ist alles wirklich sehr wichtig, was wir hier sagen!
Olivia: – Was ich sehe, ist, daß wir nicht versuchen sollen, Gott zu lieben, denn Gott existiert nicht, wie Laureano sagt, er ist im Himmel, und hier auf der Erde können wir nichts für ihn tun. Wir sagen zwar, wir liebten ihn, aber das stimmt nicht, weil er keine Realität für uns ist. Es gibt Leute, die es vorziehen, diesen Gott im Himmel zu lieben, eben weil sie ihn nicht sehen. Es ist schwer, ein Christ zu sein, so wie es dieser Samariter war; es ist viel leichter, bloß religiös zu sein und Gott in irgendeinem Tempel anzubeten.“ (S. 396-397)
Die Hochzeitsgäste (Lukas 14, 7-14)
„Diese Auferstehung könnte auch eine Gesellschaft ohne Klassen sein, oder das Leben in der Erinnerung des Volkes oder die Vereinigung mit Gott nach dem Tod. Es kann auch alles zusammen gleichzeitig bedeuten: nachdem sich das Volk befreit hat, in der Erinnerung des Volkes weiterleben und auch nach dem Tod mit Gott vereint sein.“ (S. 404)
„Jesus sprach von der ‚Auferstehung der Gerechten‘ und nicht von der Auferstehung aller Welt, einschließlich der Ausbeuter. Und wir wissen schon, was in der Bibel dieses Wort ‚Gerechte‘ bedeutet. Die Gerechtigkeit ist die soziale Gerechtigkeit und die Befreiung. Der Ungerechte ist der, der unterdrückt, und der Gerechte der, der befreit. Gott ist absolute Gerechtigkeit, und seine Haupteigenschaft ist die des Gerechten: einer, der die Ungerechtigkeit bestraft, der die Unterdrückten befreit und die Bitten der Armen erhört. Die Gerechten sind die, die für die Einsetzung der Gerechtigkeit auf Erden gekämpft haben und die nach Jesu Worten auferstehen werden, weil sie das Fest gegeben haben, von dem hier die Rede ist, die Verteilung der Freude und des Überflusses dieser Welt.“ (S. 405)
‚Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…‘ (Matthäus 18, 1-5)
„Diese Erniedrigung, von der Jesus spricht, ist der Verzicht auf den Egoismus, und nur durch diesen persönlichen Verzicht jedes einzelnen können wir uns von aller Unterdrückung befreien.
Ich sage: – Zu Jesu Zeit gab es politische Bewegungen, die revolutionär erschienen, die es aber nicht wirklich waren, weil ihr Ziel nicht die Eroberung der Macht für das Volk war, sondern die Herrschaft einer Kaste über die andere und die Herrschaft Israels über die übrigen Völker. Als Jesus von einem neuen Reich sein würde, und stellten sich vor, sie würden alle wichtige Stellungen einnehmen…
Nach einer Weile fahre ich fort: – Was Jesus dann tut, ist sehr revolutionär: Er stellt ein Kind in die Mitte und sagt, dieses Kind sei dich wichtigste Person in diesem Reich. Es war fast, als wenn er einen Sklaven in die Mitte gestellt hätte.“ (S. 409)
Der gute Hirte (Johannes 10, 7-16)
„Aber was Jesus von den Königen hält, ist das gleiche, was die Bibel von ihnen hält. Als Israel sein will ‚wie die anderen Nationen‘ und auch einen König haben, sagt Jahwe ihnen durch den Propheten Samuel, der König würde ihre Söhne die Wagen lenken und das Land bebauen lassen und ihre Töchter zu Köchinnen und Bäckerinnen machen; er würde ihnen ihre Weinberge und Ölbäume wegnehmen und sie seinen Offizieren geben. Aber Israel besteht darauf, einen König zu haben und zu sein wie die anderen Nationen. Und mit diesen Königen geschah dann tatsächlich, was der Prophet Samuel vorausgesagt hatte, selbst mit David, der dem Urias die Frau wegnahm und ihn selbst töten ließ, und mit Salomon, der 1000 Frauen hatte. Es ist eben so, daß jeder König ein Dieb und Räuber ist.“ (S. 420)
„Die Ausbeuter sind die Feinde der Menschheit, die Wölfe, die nicht mit den Schafen zusammenleben können. Jesus sagt, er würde alle Schafe in einer einzigen Herde mit einem einzigen Hirten vereinen, aber er sagt nicht, dass auch die Wölfe dabei sein werden.
Francisco: – Der Mensch. der ein Wolf für den Menschen ist, muß zuerst aufhören, Wolf zu sein, ehe er bei den Schafen sein kann; anderenfalls ist es unmöglich, daß er zur Herde des guten Hirten gehört.
Gigi: – Was Jesus da sagte, war sehr revolutionär, und das ist es auch heute noch im 20. Jahrhundert: daß es viele Menschen gibt, die zu Jesus gehören, auch wenn sie außerhalb der Kirche stehen.
William: – Und es ist auch revolutionär, daß er sagt, er würde eine einzige Herde bilden aus denen, die zu seiner Kirche gehören, und denen, die nicht dazu gehören.
Gigi: – Und das sagt er zu einer Zeit, in der für die Juden alles innerhalb der Religion funktionierte.
Ein anderer: – Jesus sagt, er würde die Christen und die Marxisten vereinen.
Und noch ein anderer: – Und mit beiden eine einzige Revolution machen.
Gigi: – Und er räumt auch mit dem Nationalismus auf, in einer Zeit, in der die Juden einen religiösen Nationalismus praktizierten oder eine nationalistische Religion, nämlich indem er ihnen sagt, er würde aus ihnen zusammen mit allen anderen Völkern ein einziges Volk machen.
William: – Der internationale Proletarismus, sozusagen.
Gigi: – Welch ein Unterschied zwischen dem guten Hirten, den wir hier entdeckt haben, und diesem anderen auf den Heiligenbildchen: ein verweichlichter Jesus mit einem Schäfchen auf den Schultern…
Olivia: – Von denen, die nicht zu seiner Kirche gehören, sagt Jesus, sie würden seine ‚Stimme hören‘ Und das heißt, daß sie sein Gebot der Liebe erfüllen werden. Und darum wird die ganze Menschheit wie eine einzige Herde mit einem einzigen Hirten sein, wie die ganze Menschheit in Liebe vereint sein wird.
Iván: – Diese Herde mit einem einzigen Hirten bedeutet der perfekte Kommunismus.“ (S. 423-424)
Das Himmelreich und die Gewalt (Matthäus 11, 12-19 und Lukas 16, 16-17)
„So haben die Armen, die ganze Arbeiterklasse, also zwei Aufgaben: zuerst einmal, aufhören, Arme zu sein, und sich in Menschen zu verwandeln und all das zurückzuerobern, was man ihnen weggenommen hat; und zweitens, den Reichen ihren Reichtum wegzunehmen, damit auch die Reichen, einmal von ihrem Reichtum befreit, Menschen werden können. So besteht die Aufgabe der Revolution, die von den Arbeitern gemacht wird, darin, alle die zu Menschen zu machen, die es nicht sind. Und wir alle sind keine Menschen, die einen, weil sie zu arm sind, und die anderen, weil sie zu reich zu sind. Und das ist die große Verantwortung aller Arbeiter auf dem Land und in der Stadt. Es handelt sich nicht darum, die Reichen zu verfolgen und ins Gefängnis zu stecken… diese armen Reichen. Nein, wir müssen Mitleid mit ihnen haben, aber natürlich nicht jetzt, sondern später, wenn die Revolution gesiegt hat. Dann müssen sie ernährt und gekleidet werden und ins Krankenhaus geschickt, wenn sie krank sind, und in die Schule, um das Leben neu zu begreifen.“ (S. 442-443)
Steuern für den Kaiser (Matthäus 22, 15-22)
„Ein Geschäftsmann oder ein Bankier sind Leute, die immer nur vom Geld sprechen, sie identifizieren sich mit dem Geld, sie sind ganz aus Geld. Aber Gott war etwas vollkommen anderes als das Geld; er war Veränderung, ein Kämpfer für die Befreiung des Volkes, Klassenkampf. Jesus sagt diesen Leuten: Das mit dem Kaiser, das ist nur eine Geldfrage, aber Gott ist etwas vollkommen anderes, etwas, mit dessen Hilfe der Diktator gestürzt wird. Ich glaube, darin liegt dieser Unterschied, den Jesus hier macht: daß Gott mehr ist, daß er nicht bloß Geld ist, sondern die ganze Ökonomie des Volkes…“ (S. 464)
Jesus verdammt die Schriftgelehrten und Pharisäer (Matthäus 23, 1-36)
„Und ihr sollt auch niemand euren Vater nennen auf der Erde, denn nur einer ist eurer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollt euch auch nicht Lehrer nennen lassen, denn nur Christus ist euer Lehrer.
– Er wiederholt das gleiche noch einmal. Er verurteilt alle Bevormundung. Der Vater kann auch der Chef sein, der nicht geliebt wird, den man aber respektiert und fürchtet wie einen Vater und dem man manchmal, wenn es ein guter Chef ist, dankbar ist wie ein Vater.
– Und es gibt noch eine andere Art von Väter, das sind die Führer, die sich mit Gewalt durchsetzen. Es sind tyrannische Väter, und solche Väter sollen wir auch nicht akzeptieren.“ (S. 473)
Die Wiederkunft des Menschensohns (Matthäus 24, 29-36)
„Ich sage, Jesus habe sich nie als Messias bezeichnet, sondern immer, wenn er von sich selbst sprach, den Ausdruck ‚des Menschen Sohn‘ benutzt. Auf hebräisch und aramäisch bedeutet ‚Sohn des Menschen‘ ganz einfach ‚der Mensch‘, aber im Buch des Propheten Daniel wird dieser Name auch einem Gesandten Gottes gegeben, der dir Reiche der Erde, die als ‚Bestien‘ bezeichnet werden, zerstören würde. Diesen ‚Bestien‘ wird einer gegenübergestellt, der ‚menschengleich‘ ist, daß heißt, der ein menschliches Antlitz hat. Der Mensch ist in der Bibel das Ebenbild Gottes, daher das Verbot, sich andere Bilder zu machen. Und Hesekiel beschreibt die Herrlichkeit Gottes als eine ‚Ähnlichkeit mit dem Menschen‘. Es scheint auch, daß Jesus sich darum nicht den Namen ‚Messias‘ geben wollte, weil für die Juden seiner Zeit der Messias ein politischer Führer war; im Buch des Propheten Daniel dagegen ist der Menschen Sohn einer, der die Bestien der politischen Macht zerstört.
Felipe sagt: – Mir scheint, daß des Menschen Sohn oder einfach der Mensch den Völkern in dem Maße erscheint, in dem ihre Befreiung fortschreitet. Je mehr die Revolution fortschreitet, desto mehr wird das Erscheinen Jesu deutlich. Die Kataklysmen, wie du sagst, sind die schlechten Gesellschaften, die zerstört werden, und danach beginnt Jesus zu erscheinen.
– Im Proletariat – sagt ein anderer -, im Volk.
Donald: – Hier steht, die Völker der Erde würden weinen. Ich glaube, das ist so: Wenn alles so wie immer ist und dann plötzlich eine radikale Veränderung kommt, eine Revolution zum Beispiel, dann werden die Kapitalisten weinen und schreien und sich die Haare raufen, denn dann ist es aus mit ihnen.“ (S. 496)
Das Letzte Gericht (Matthäus 25, 31-46)
„Jemand hinten in der Kirche (einer von der gegenüberliegenden Küste) fragt: – Sagten Sie hier eben, die Gebete wären schlecht?
Ich: – Was Felipe eben sagte, ist, daß bei diesem Letzten Gericht nicht in Betracht gezogen wird, ob einer gebetet hat.
Felipe: – Es wird noch nicht einmal in Betracht gezogen, ob einer Glauben hatte oder nicht.
Ich: – Sogar mehr noch: Die gerettet werden, erscheinen hier als welche, die überhaupt nicht an Christus glaubten.
Dann werden ihm die Gerechten Antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dich gespeist…? Und der König wird ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem unter diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan.
Unser Besucher von der gegenüberliegenden Küste: – Die Religion ist dann also zu nichts nütze?
Elbis: – Wenn die Religion mir dazu verhilft, daß ich meinem Nächsten helfe, dann ist sie zu etwas nütze. Wenn sie macht, daß ich die Bedürfnisse meines Nächsten vergesse, dann ist sie zu nichts nütze.
Olivia: – Wenn einer hingeht und zum Beispiel etwas tut, daß ein Kranker nicht stirbt, dann ist das ein Gebet.“ (S. 513-514)
„Wir glauben immer, Christus sei irgendein besonderes Wesen, etwas anderes als das Volk. Aber es scheint mir sehr wichtig, daß wir uns das einprägen; ich selbst sehe das seit einiger Zeit ganz klar: Auch wenn es ein Bettler, ein Besoffener oder sonst jemand ist… es ist Gott, absolut jeder Nächster. Christus identifiziert sich mit den Menschen, er macht keinen Unterschied. Wenn man das einmal verstanden hat, dann wird sofort die revolutionäre Liebe wach…
Natalia: – Er identifiziert sich mit allen Notleidenden. Mit den Armen. Mit den Unterdrückten.
Alejandro: – Mit allen, denen es dreckig geht.
Ich: – Mit allen, denen es dreckig geht, wie Alejandro sagt. Ich sagte eben, der Menschensohn würde ein kollektiver Christus sein, seine Gesellschaft der Armen, das Proletariat, wie man heute sagt. Und dieses Volk ist es, das richten wird.
Alejandro: – So ist es. Er wird die richten, die ihm Gutes getan haben, und die, die ihm Schlechtes getan haben.“ (S. 514)
Der junge Reiche (Lukas 18, 18-30)
„Jesus antwortete ihm: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott allein.
Manuel: – Er scheint vergessen zu haben, daß er selbst Gott ist, und will nicht, daß sie ihn gut nennen. Er sagt, nur Gott sei gut. Aber in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Heiligen Geist ist der Gute er selbst, das heißt als Einheit. Das soll vielleicht bedeuten, daß eine einzelne Person nicht gut sein kann; er selbst ist nur in der Gemeinschaft gut.“ (S. 520)
„Als Jesus das hörte, antwortete er ihm: Es fehlt dir noch eins: Verkaufe alles was du hast, und gib es den Armen, dann wirst du einen Schatz im Himmel haben. Und dann komm und folge mir nach. Als der junge Mann das hörte, wurde er traurig, denn er war sehr reich.
Manuel: – Ich glaube, dieser Reiche stahl vielleicht gar nicht. Wenn es so gewesen wäre, dann hätte Jesus es ihm schon gesagt; er nahm sonst auch kein Blatt vor den Mund. Er hätte ihm einfach gesagt: Doch, du hast doch gestohlen. So wollen wir ruhig annehmen, daß dieser junge Mann ehrlich war. Aber Jesus sagt ihm trotzdem, er solle seinen Egoismus aufgeben. Auch wenn er alle Gebote hielt, so war da noch dieser Reichtum, und auch wenn es ein rechtmäßig erworbener Reichtum war, so sollte er ihn doch verteilen.
Alejandro: – Es gibt keinen rechtmäßig erworbenen Reichtum.“ (S. 521)
„Gott hat die Erde für alle bestimmt. Wenn einer etwas hat, das die anderen nicht haben, so muss er es ihnen irgendwie weggenommen haben.
Felipe: – Ja, wenn Jesus ihm sagt, er solle alles verkaufen und an die Armen verteilen, so heißt das, daß dieser Reichtum ungerecht war. Er sagt ihm nicht direkt: Du hast ihn gestohlen, nun geh und gib ihn wieder zurück. Es ist nur eine Art zu sagen, man solle nicht stehlen.
Ich: – Dem Gesetz nach hatte er nicht gestohlen. Aber Christus ist subversiv und mach den Reichtum zu einem Delikt.“ (S. 522)
Das Glas mit dem köstlichen Wasser (Matthäus 26, 6-13)
„Es kann auch möglich sein, daß er meinte, es würde keine Reichen mehr geben, scheint mir. Alle würden gleich arm sein, und so gäbe es nur Arme. Das will auch der Sozialismus. Die Revolution will uns nicht alle reich machen, sondern alle gleich arm, damit die Güter für alle reichen. Das heißt, nicht bettelarm, sondern annehmbar arm, mit allem Nötigen zum Leben, Hygiene, ärztlicher Versorgung. Arm mit menschlicher Würde.“ (S. 538)
Eine Frage über die Auferstehung (Lukas 20, 27-40)
„Vor kurzem las ich ein Interview mit einem mexikanischen Atheisten, in dem dieser sagte, er halte den Glauben an die Auferstehung der Toten für etwas sehr Revolutionäres, und wer an so etwas Verwegenes glaube, der dürfe auch nicht an irgendeiner anderen Veränderung, die im Menschen stattfinden könne, zweifeln.“ (S. 549)
Das wichtigste Gebot (Markus 12, 28-34)
„Jesus antwortete ihm: Das wichtigste Gebot ist dieses: ‚Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist allein der Herr. Liebe also den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit allen deinen Kräften.‘ Das ist das erste Gebot, aber ein anderes ist ihm gleich: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.‘ Es gibt keine wichtigeren Gebote als diese.
Elbis: – Die Armen und die Unterdrückten lieben heißt, Gott lieben. Das ist das Gebot, das wir einhalten müssen.
Ich: – Aber warum sagt er dann, das wichtigste Gebot sei, Gott zu lieben? Dann hätte er doch gleich sagen können, man solle nur den Nächsten lieben.
Elbis: – Gott, das sind eben die anderen, das Volk.
Felipe: – Ich glaube, Jesus will sagen, man solle seinen nächsten genauso lieben, als ob es sich um Gott selbst handelte.“ (S. 550)
Das heilige Abendmahl (Markus 14, 12-25)
„Er gibt uns dieses Brot, das sein für das Volk geopferter Leib ist, und diesen Wein, der sein für das Volk vergossenes Blut ist, damit wir alle zu einem einzigen Leib und einem einzigen Blut werden. Alle gleich, keiner mehr als der andere. Denn wenn er sein Blut für alle vergoß, muß uns dieses Blut alle vereinen, meine ich.
– Mit diesem Brot und diesem Wein will er uns sagen, daß er überall da unter uns ist, wo beides geteilt wird.
Und Carlos Mejía Godoy: – Als William vorhin von der ‚Kommunion‘ sprach, ging mir etwas auf, an das ich früher noch nie gedacht hatte, nämlich daß sich das Wort ‚kommunizieren‘ ja nicht nur auf das heilige Abendmahl bezieht, sondern auch ‚mitteilen‘ oder ‚in Verbindung stehen‘ heißt. Früher sagte man: ‚Ich kommuniziere mit den Ideen von Soundso.‘ (eine ideologische Kommunikation also). Und Christus wollte, daß wir tatsächlich so mit anderen ‚kommunizieren‘; und diese Kommunion, dieses Miteinander-in-Verbindung-Stehen, wird bewirken, daß wir später auch alles gemeinsam besitzen.“ (S. 560)
„Ich glaube, die logische Konsequenz der Eucharistie müßte sein, daß alle Menschen alles gemeinsam besitzen. Solange sie nicht alle in einer ‚Kommunion‘ leben, kann die wirkliche Eucharistie, die Christus einsetzte, nicht gefeiert werden.
Ich: – Camilo Torres sagte, genau darum feiere er vorläufig keine Messe mehr.“ (S. 562)
„Ich möchte einmal wissen, warum ich das noch nicht früher gehört habe, nämlich daß die Absicht Christi nicht war, einen Ritus einzusetzen, sondern eine neue Art von Gesellschaft. Ich glaube mit der Geschichte der Kirche ist das gleiche passiert wie mit der Geschichte der Menschheit, so wie Marx sie beschreibt: daß die Menschheit am Anfang eine Gemeinschaft war, in der die Menschen sich gegenseitig halfen und alles gemeinsam besaßen. Genau wie die ersten Christen. Aber das Christentum ging später durch die gleichen Phasen wie die übrige Menschheit: Sklaverei, Feudalismus, Kapitalismus. In einigen Teilen Lateinamerikas haben wir die feudalistische Gesellschaft noch nicht überwunden; in meinem Land zum Beispiel leben einige Priester wie Feudalherren und andere wie Bettler. Aber jetzt gibt es bereits viele unter uns, die verstanden haben, daß wir uns gegen diese unterdrückenden Strukturen der Kirche auflehnen müssen, und wir versuchen zu erreichen, daß die Kirche, zusammen mit der übrigen Gesellschaft, in eine neue Phase übergeht, in die des Sozialismus. Aber vorläufig muß das noch im Untergrund geschehen. Was hier in Solentiname geschieht, wäre in der Kathedrale von Managua unmöglich. In einer Kapelle wie dieser, einfach, arm, bäuerlich, wo das Volk der Ungerechtigkeit spürt, die ihm im Namen der Religion angetan wurde, versteht man den wahren Sinn der Eucharistie, die geneseitige Hilfe, Solidarität und Befreiung bedeutet.“ (S. 563)
„Was ich hier sehe, ist, daß die Eucharistie jeden, der zum Abendmahl geht, verpflichtet. Obwohl manche denken, mit dem bloßen Essen der Hostie hätten sie schon ihre Seele gerettet, ist das wirklich Wichtige, die bestehende Ungerechtigkeit und Ausbeutung zu sehen und, wenn möglich, etwas dagegen zu tun. Und darum habe ich einmal gesagt, es wäre besser, die Kirchen in den Städten zu schließen, weil dieser Zauber doch zu nichts nütze ist, diese großen Messen, diese wunderbaren Eucharistiefeiern. Die bewirken nur, daß es den Menschen noch schlechter geht, denn sie schläfern sie ein. Die Religion schläfert die Leute ein. Da geht man hin und kommuniziert und zündet eine Kerze an und ist mit allem zufrieden; die Ungerechtigkeit ist nicht so wichtig, die sieht man gar nicht. Man ist zufrieden, daß man seine Pflicht erfüllt hat mit Beten… Aber die Ungerechtigkeit, nein, die sieht man nicht, die Kindersterblichkeit, die Unterernährung, den Mangel an Medikamenten. Und diese Art von Kommunion, dieses Brotessen und Weintrinken, dient eher dazu, die Leute zu blenden, die Armen genausogut wie die Reichen. Die Armen sind schon damit zufrieden, wenn nur der Wille Gottes geschieht.
Ich: – Es kann keine wirkliche Kommunion geben, solange es Klassenunterschiede gibt, weil sich die sozialen Klassen nicht vereinen können, die Ausbeuter und die Ausgebeuteten.“ (S. 564)
„Ich meine, wir alle, die wir auf die eine oder andere Art unterdrückt sind, müssen uns zusammentun, denn es nützt gar nichts, wenn vier oder fünf kämpfen, während der Rest schläft. Wenn wir schon etwas machen wollen, dann müssen es alle sein, darum sprechen wir auch gerade von der Kommunion: von einer Vereinigung aller. Und dieser Bund muss vor allem Dingen aus Bauern und Arbeitern bestehen.“ (S. 567)
„Jesus hat auch gesagt, wir sollten ihn in unserem Nächsten sehen, vor allem in den Armen, im Volk. Er sagte: Die Armen, das bin ich selbst. Auch das ist schwierig zu glauben. Manche Menschen grübeln, Gott ist vielleicht so… oder so… Aber sie sehen ihn nicht in den Armen. Das sind die, von denen eben hier gesagt wurde, sie glaubten zwar an den Christus, der in der Hostie ist, die sie essen, aber nicht an den Christus, der in uns allen ist. (S. 568)
Gespräch beim Abendmahl (II) (Johannes 14, 1-14)
„Erschreckt nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich. Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde ich es euch nicht gesagt haben. So gehe ich jetzt, um euch einen Platz zu bereiten.
Gloria: – [Der] Himmel ist die vereinte Menschheit.
Manuel: – Handelt es sich um die gerechte Gesellschaft, die es eines Tages geben wird?
Felipe: – Ich finde das alles etwas seltsam, diese vielen Wohnungen… Es hört sich an, als ob es sich um das andre Leben handelte, nicht?
Olivia: – Ja, denn er sagt, er würde dort alles für sie vorbereiten, jetzt, wo er bald sterben muß. Und wenn es nach dem Tod nichts mehr gäbe, dann hätte er es ihnen ganz klar gesagt.
William: – Mir geht es wie Felipe, ich weiß auch nicht genau, was ich von dieser Stelle halten soll. Wir waren uns immer einig, daß das Reich Gottes hier auf der Erde errichtet werden würde. In diesem Sinne wäre das Haus des Vaters die menschliche Gesellschaft.
Ich: – Mir scheint es klar, daß Jesus hier von einer Menschheit nach dem Tod spricht. Oder wenigstens davon, daß wir, wenn wir hier zu dieser gerechten Gesellschaft gehört haben, auch nach unserem Tod weiter zu ihr gehören werden. Ich glaube nicht, daß wir uns hier irren. Jedenfalls ist es ganz klar, wohin Jesus geht: zu seiner Auferstehung.
Alejandro: – Er sagt, wir würden alle zusammen in einem Haus wohnen… Das Haus des Vaters ist das Haus einer Familie. So wird die ganze Menschheit zu einer einzigen Familie werden.
Ich: – Die Menschheit wird in einer gemeinsamen Seele vereint sein. Das ist das Haus des Vaters.“ (S. 576)
„Wenn ihr mich kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater. Aber von nun an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.
Olivia: – Jesus kennen heißt, das Volk kennen. Wenn wir seine Botschaft von der Revolution kennen, kennen wir auch den Vater; wenn nicht, kann man noch so religiös sein, aber man kennt ihn nicht.
Felipe: – In Wirklichkeit sagt er ihnen, sie sollten sich zusammenschließen, weil diese Liebe, die sie dann verbindet, Gott ist. Und eigentlich kennen sie Gott schon, weil sie seine Botschaft von der Liebe kennen und Gott die Liebe ist.“ (S. 578)
„Wir müssen uns ändern, um die Gesellschaft verändern zu können; und wir müssen die Gesellschaft verändern, um uns selbst ändern zu können. Und alle die Leute, die woanders auf der Welt die Gesellschaft verändern und so wunderbare Dinge für das Volk tun, die tun es im Namen Jesu, auch wenn sie Atheisten sind. Sie interessieren sich nicht für Gott und auch nicht für Jesus, aber sie interessieren sich für die Armen, und darum tun sie alles, was sie tun, im Namen Christi und im Namen Gottes, weil Gott und Christus eins sind und auch Christus und die Armen. Und darin besteht die Herrlichkeit Gottes, daß die Liebe auf der Erde Wirklichkeit wird. Auch wenn es Atheisten sind, die dafür arbeiten, aber das ist die Herrlichkeit Gottes.
Ich: – Das hast du recht, Olivia. In der Bibel ist viel von der ‚Herrlichkeit Gottes‘ die Rede, aber die Christen wissen nicht mehr, was das bedeutet. Die ‚Herrlichkeit Gottes‘ ist die Gerechtigkeit Gottes; die Verwirklichung dieser Gerechtigkeit auf der Erde und die Ausrottung der Ungerechtigkeit. Mit anderen Worten: das Reich Gottes.“ (S. 581)
Gespräch beim Abendmahl (III) (Johannes 14, 15-31)
„Als Jesus geboren wurde, herrschte Frieden im Kaiserreich durch die sogenannte Pax Romana, aber er sagt, sein Frieden sei nicht derselbe wie der Frieden der Welt.
– Wie der Frieden der Vereinigten Staaten – sagt Bosco.
Ein anderer: – Oder wie der Frieden Nicaraguas, dieser Frieden, den wir schon 40 Jahre lang haben, wie sie sagen.
Felipe: – Das ist ein falscher Frieden, der Frieden der Unterdrückung. Wir können nur wirklichen Frieden haben, wenn uns alle Güter des Landes gemeinsam gehören, weil wir sonst in Klassen eingeteilt sind, die sich bekämpfen.“ (S. 588)
Gespräch beim Abendmahl (IV) (Johannes 15, 1-13)
„Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben läßt für seine Freunde.
Felipe: – Er sagt ‚für seine Freunde‘, nicht: für die ganze Welt.
William: – Ich glaube, das ist nicht in einem so engen Sinn gemeint; es bezieht sich nicht auf die nächsten Freunde. Ich glaube, es bezieht sich auf die ganze Menschheit.
Ich: – Er spricht davon, sein Leben für die zugeben, die man liebt, aber man kann keinen lieben, den man nicht kennt.
Andere sagen:
– Che Guevara sagte, man müsse jede Ungerechtigkeit, die in irgendeinem Teil der Erde begangen wird, so spüren, als wäre sie einem selbst angetan worden. Er starb für die Menschen, die er nicht kannte und die ihn nicht kannten.
– Die wußten überhaupt nicht, daß er existierte.
– Aber der Che liebte sie, weil er für sie starb.
Elbis: – Unsere Freunde können auch welche sein, die wir nicht kennen; alle Ausgebeuteten können meine Freunde sein. Aber wenn ich mir vorstelle, daß auch die Ausbeuter meine Freunde sein sollen… also da hapert’s dann.
Bosco: – Die Revolutionäre sterben sogar für die, die noch nicht geboren sind. Für die ganze Menschheit.
William: – Und auch für die, die heute noch Ausbeuter sind. Das Interessante an der Sache ist, daß die ganze Menschheit wie ein einziger Organismus ist. Das wollte Jesus mit diesem Beispiel vom Weinstock sagen. Und wenn wir ein einziger Organismus sind, können wir nur leben, wenn wir mit den anderen verbunden sind. Von ihnen abgetrennt, sterben wir.
Eins der Guevara-Mädchen: – Die Menschheit ist die Pflanze der Liebe.“ (S. 597-598)
Gespräch bei Abendmahl (V) (Lukas 22, 24-38)
„Zu jener Zeit wurde der römische Kaiser ‚Wohltäter des ganzen Erdreichs‘ genannt. Christus spricht sich hier ganz klar gegen das römische Kaiserreich und gleichzeitig gegen alle Könige und selbst gegen alle Autorität aus. Die Gesellschaft, die er will, ist die perfekte kommunistische Gesellschaft, in der es keinen Staat gibt.
Ein anderer: – Fidel Castro hat immer gesagt, es sei gefährlich, wenn in einer Revolution ein einziger Mann zu viel Autorität hat. Eine Revolution könne nicht um eine einzige Person kreisen, und man dürfe keinen vergöttlichen. Und er selbst ist dabei, die nötigen Schritte zu unternehmen, um die Macht, die ihm anvertraut wurde, dem Volk zu übergeben.
Ich fahre fort: – Zu Beginn einer Revolution muß es Führer geben, aber danach müssen sie so schnell wie möglich verschwinden. Als Christus zu Pilatus sagte: ‚Ich bin der König‘, sagte er in Wirklichkeit, das Volk sei der König. Die revolutionären Führer sind Vorläufer des Volkes, so wie Johannes der Täufer der Vorläufer Christi war. Und jeder revolutionäre Führer muß vom Volk sagen, was Johannes der Täufer von Christus sagte: ‚Ich muß abnehmen, damit er wachsen kann.‘
– Und warum wollten sie wissen, wer der Wichtigste von ihnen sein würde? Sie hatten von dem zukünftigen Reich gesprochen, aber sie wußten nicht, daß es ein umgekehrtes Reich war: eine Revolution.“ (S. 599-600)
„Er hatte gesagt, er würde zu den Übeltätern gerechnet werden, was bedeutet: zu den Subversiven, zu den Banditen.
Julio Castilla: – Es kann auch sein, daß Jesus sagen wollte: Uns bleibt nur noch die Möglichkeit zu den Waffen zu greifen, da sie uns als Banditen ansehen.
Teresita: – Und wenn sie keinen Mantel zu verkaufen hatten, sollten sie dann eine Bank überfallen?
William: – Ich glaube, Laureano hat recht: Sie mußten sich bewaffnen, weil sie verfolgt wurden…
Ich: – Bisher ist immer geglaubt worden, Jesus spräche im übertragenen Sinn, aber nicht von wirklichen Schwertern.
Alejandro: – Ich meine aber, er spricht von ganz alltäglichen und praktischen Dingen: Taschen, Geld, Schuhe… Warum sollten die Schwerter dann plötzlich geistige Schwerter sein?“ (S. 603)
Im Olivenhain (Matthäus 26, 36-56)
„Ich sprach einmal in Berlin, in der Universität, oder besser gesagt, ich führte eine Diskussion mit dem Publikum, an der auch Sergio Ramirez, der heute hier ist, teilnahm. Ein junges Mädchen fragte mich sehr heftig, wie ich den bewaffneten Kampf verteidigen könnte, wo doch Christus den Gebrauch des Schwerts verboten hätte; und dann ging sie ärgerlich aus dem Saal, ohne die Antwort abzuwarten. Ehe ich dem Publikum antworten konnte und die während mir die Frage noch aus dem Deutschen übersetzt wurde, antwortete Sergio Ramirez (mit einem Satz, den ich später öfter zitiert habe): ‚Christus verbot das Schwert, aber nicht das Maschinengewehr.‘
Sergio: – Das hatte ich schon vergessen. War aber eine gute Antwort.
Ich fahre fort: – Alle lachten über diesen Satz, aber ich sagte, das sei kein Scherz, sondern eine sehr theologische Interpretation. Christus ist hier gegen das Schwert, aber nicht aus moralischen Gründen (wie auch Jaime schon sagte), sondern weil es nutzlos war. Es bedeutet nicht, daß er andere Waffen verurteilt, die andere Menschen unter anderen Umständen benutzen. ‚Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen‘ heißt hier ganz einfach: ‚Wenn wir töten, werden wir getötet.‘ Außerdem könnte man hinzufügen, daß im Evangelium des Lukas erzählt wird, Jesus habe beim letzten Abendmahl gesagt, wer kein Schwert habe, solle eins kaufen, worauf die Jünger antworteten, sie hätten zwei. Damit war er einverstanden. Und hier, wo sie sich heimlich getroffen hatten, werden sie auch diese zwei Schwerter bei sich gehabt haben, und er wußte es. Außerdem sagt Lukas in seiner Version dieser gleichen Geschichte, als die Polizei erschien, sei er von den Jüngern gefragt worden: ‚Herr, sollen wir mit dem Schwert angreifen?‘ Es scheint also, daß Jesus nicht den konkreten Entschluß gefaßt hatte, auf jeden Fall alle Gewalt zu vermeiden, wenigstens nicht vor seinen Jüngern. Tatsache war jedenfalls, daß sie ganze zwei Schwerter hatten, um diesem Trupp Soldaten gegenüberzutreten, und die hatten das ganze Römische Reich hinter sich… Aber außerdem gibt Jesus hier noch einen anderen Grund an:
Meinst du, daß ich meinen Vater nicht bitten könnte, mir sofort mehr als zwölf Legionen Engel zu schicken? Wie würde dann aber die Schrift erfüllt, in der es heißt, daß es so geschehen muß?“ (S. 614-615)
„Der Jesuit Teilhard der Chardin sagte einmal, der Grund dafür, daß es Schmerz in der Welt gibt, sei die Evolution; Gott habe die Welt nicht ohne Leid und den Tod schaffen können, seit er zu ihrer Schaffung die Evolution gewählt habe. Auch Marx sagt, die Menschheit müsse notwendigerweise durch verschiedene Etappen der Unterdrückung gehen, um zu evolutionieren (Sklaverei, Feudalismus, Kapitalismus). Und ich sehe jetzt, daß schon Christus das gleiche sagte. Die Engel hätten auch von Anfang an kommen können, was in der Sprache der heutigen Zeit bedeutet, daß sich die Gesetze der Evolution und der Geschichte nicht erfüllt hätten.“ (S. 617)
„[D]das Interessante an der Sache ist, daß es in diesen Schriften auch heißt, es würde eine endgültige Befreiung für die Welt geben, eine Befreiung von jeder Unterdrückung.
Olivia: – Eine Befreiung selbst vom Tod.“ (S. 618)
Jesus vor dem Sanhedrin (Matthäus 26, 57-68)
„In Wirklichkeit zerstörte Jesus die Religion. Als die Samariterin ihn fragte, welcher Tempel der wahre sei, der von Israel oder Samaria, antwortete er ihr, keiner von beiden, denn Gott würde im Geist und in der Wahrheit angebetet werden. Das heißt, Gott würde wirklich geliebt werden in einer Gesellschaft der Liebe: Gott als die Liebe unter den Menschen und nicht als das Bild, das sich die Religionen von ihm machen, die jüdische und die samaritanische und alle anderen Religionen.“ (S. 622-623)
„Außerdem identifiziert sich Jesus, der sich immer mit den Armen identifiziert hatte, hier gleichzeitig mit Gott. Er sagte, der Arme, der Arbeiter sei Gott. Das ist auch heute noch eine Blasphemie für alle, die eine andere Vorstellung von Gott haben. Es war allerdings ein schlimmes Verbrechen, zu sagen, Gott sei ein Arbeiter.“ (S. 626)
„Auch heute glauben viele, die Revolution sei gegen Gott, weil sie nämlich Gott mit dem System identifizieren.“ (S. 622)
Jesus vor Pilatus (Johannes 18, 28-40 und 19, 1-16)
„Wenn er gesagt hätte, sein reich wäre nur innerlich… oder er wäre für die Reichen genausogut wie für die Armen gekommen, also dann wäre ihm das bestimmt nicht passiert.
Ich: – Wie diese biblische Zeitschrift der Protestanten, die hier zirkuliert (sehr hübsch, sie wird bestimmt nicht verboten, sie ist nicht subversiv), in der steht, die Welt sei voller Ungerechtigkeit, und die Bibel sei gegen die Ungerechtigkeit, was natürlich stimmt; aber dann heißt es weiter, der Arbeitgeber soll sein Gewissen erforschen, ob er ungerecht gegen seine Arbeiter sei, und der Arbeiter, ob er ungerecht gegen seinen Chef sei.
Manuel (lacht): – Wie kann Christus gesagt haben, der Arbeiter sei ungerecht gegen seinen Herrn!
Der Student: – Sie glauben, die Arbeit gehöre dem Arbeitgeber, so wie sie zur Zeit Christi glaubten, der Arbeiter gehöre seinem Herrn. Wenn ein Sklave weglief, so war das ungerecht, weil er sich selbst seinem Herrn stahl.“ (S. 638)
Die Kreuzigung (Lukas 23, 26-49)
„Ich sehe da eine Beziehung zwischen dem Arbeiter, der das Kreuz trug, und diesem anderen Landarbeiter, der herbeigerufen wurde, um ihm zu helfen. Ich weiß nicht, ob er es nur tat, weil er gezwungen wurde, ob er es gern tat. Aber man könnte annehmen, daß er es gern getan hat, wenn er nur irgendeine Ahnung davon hatte, wer Jesus war. Auf jeden Fall ist es ein sehr symbolisches Bild: Der Arbeiter und der Bauer, der ihm hilft und so an seiner Tragödie teilnimmt.“ (S. 643)
„Diese Frauen waren Revolutionärinnen, darum wagten sie es, mit ihm zu gehen und sich mit ihm solidarisch zu erklären. Und unter ihnen war auch seine Mutter, die revolutionärste von allen, die während ihrer Schwangerschaft gesagt hatte: ‚Er stürzt die Mächtigen von ihrem Thron und erhöht die Niedrigen; die Hungrigen füllt er mit Gütern und läßt die Reichen leer.‘ Maria war schon eine Revolutionärin und Kommunistin, ehe Jesus geboren war. Sie hatte diese Ideen mit der Muttermilch. Sie war es, die ihn formte und beinflußte; sie trug in großem Maße dazu bei, daß er das wurde, was er war, und daß er das Ende nahm, das er jetzt erlitt.
– Aber die Marienverehrung zeigt uns die Mutter Jesu ganz anders; sie würde sich selbst nicht wiedererkennen.“ (S. 644)
„Wir wissen schon, daß mit ‚Übeltätern‘ die Zeloten, die Guerilleros gemeint sind. Und wir wissen auch, daß das Kreuz die Folter für die Aufständischen war, und darum wurde Jesus zusammen mit diesen beiden anderen gekreuzigt. Es ist sehr wichtig, daß wir Christen die Bedeutung des Kreuzes kennen. Viele Menschen, die ein Kreuz um den Hals tragen, wissen nicht, was dieses Kreuz bedeutet. Es stimmt, daß er kein Guerillero war, und darum macht er diese Unterscheidung zwischen dem grün und dem dürren Holz. Die Obrigkeit macht jedoch keinen Unterschied, denn ein Aufständischer war er.“ (S. 646)
Die Auferstehung (Matthäus 28, 1-10)
„Die Revolution hätte keinen Sinn, wenn es keine Auferstehung gäbe. Wenn nicht auch der Tod erobert wird, nützt es überhaupt nichts, daß alle Dinge der Welt erobert werden: Die Revolution ist gescheitert. Darum sagt Paulus, der letzte Feind, den es zu besiegen gelte, sei der Tod. Das ist der Trost für alle Alten und für alle unheilbar Kranken, die wissen, daß sie den Sieg der Revolution nicht mehr erleben werden, und auch für die Jungen, die heute für sie sterben. Und für die ganze übrige Menschheit, die bereits tot ist. Und nicht nur für die Menschheit, sondern für die ganze Schöpfung, die sie geformt hat. Das letzte Scheitern des Menschen ist das Scheitern der ganzen Schöpfung. Darum sagt Paulus, alle Kreatur klage wie in Geburtswehen und warte auf die Befreiung unseres Körpers. Wir sind das Bewußtsein der Natur, und mit dem Tod der Menschheit stirbt auch die Natur, in dem Sinne, daß sie nun nicht mehr erkennen und nicht mehr lieben kann.“ (S. 655-656)
„Ich glaube, die Revolution ist auch für die Toten, für die gesamte Menschheit, die gestorben ist, ehe sie die Revolution gesehen hat. Und ich glaube, die ganze Menschheit wird, wenn sie vereint ist, ein einziger Organismus sein; und alle, die ein Teil Christi waren, das heißt ein Teil der Menschheit, die dem Gebot der Liebe gefolgt ist, werden zu diesem Organismus gehören. Es wird nicht jeder für sich allein leben, sondern einverleibt in diesen Körper.“ (S. 659)
Jesus am Ufer des Sees (Johannes 21, 1-13 und 20-25)
„Es scheint auch, daß er ihnen einen Vorwurf macht, also indem er ihnen sagt, sie sollten das Netz auf der anderen Seite auswerfen. Er wollte ihnen sagen, daß der Mensch nicht nur für sich selbst arbeiten soll, sondern auch für die anderen, um die anderen zu befreien. Das meinte er mit der anderen Seite…“ (S. 663)
„Die Fische, das sind wir, und das Netz ist die Einheit, die nicht zerbricht.“ (S. 665)
„Das ist ein sehr gutes Bild: daß er hier für sie arbeitet, etwas für sie tut. Er erscheint ihnen als etwas Reales, als etwas Materielles und nicht als irgendeine Theorie oder eine Idee.“ (S. 665)
„Was er tat, war eben unendlich, Mensch so wie die Natur.
Felipe: – Und auch die Revolution hört nie auf, weil es immer wieder neue Revolutionäre gibt. Sie ist unendlich.
Goyo: – Sie revolutioniert eben auf viele verschiedene Arten, die Revolution.
Olivia: – Immer wenn einer für die Befreiung kämpft, findet das Evangelium statt, und darum hört das Evangelium Jesu nie auf. Und darum würde es nicht in die ganze Welt passen, wenn es aufgeschrieben würde.
Ich: – Die Lehre Jesu ist unendlich wie die Natur, wie Donald sagte; und die Lehre Jesu ist die Revolution selbst; und so können wir auch sagen: Die Revolution ist die Natur selbst.
Donald: – In Wirklichkeit handelt es sich um eine Arbeit ohne Ende. Und die Revolution ist unendlich, weil es immer noch eine größere Befreiung gibt.
Goyo: – Und das ist es, was uns dann schließlich zu Gott führt, also…
Ich: – Bis wir ganz bei ihm angekommen sind.
William: – Und das Reich Gottes auf der Erde verwirklicht wird.
Felipe: – Und dann ist das Evangelium zu Ende.
Ich: – Was auf griechisch heißt: die frohe Botschaft vom Gottesreich.
Donald: – Aber das Evangelium ist nie zu Ende, denn auch wenn die Menschheit aufhört zu existieren, so dauert das Werk Christi doch bis jenseits des Todes fort.“ (S. 671)
Literaturverzeichnis
Cardenal, E. (1980). Das Evangelium der Bauern von Solentiname: Gespräche über das Leben Jesu in Lateinamerika. Peter Hammer Verlag.